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    Bildquelle: Gorodenkoff/shutterstock.com

    Unterschiedliche Höhen bei Nachtarbeitszuschlägen möglich

    BAG entscheidet, Ungleichbehandlung kann durchaus gerechtfertigt sein
    Veröffentlicht am: 03.03.2023
    In diesem Beitrag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.02.2023, 10 AZR 332/20

    Lohngleichheit – dazu hatte es erst vor Kurzem eine richtungsweisende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes gegeben (Wir haben berichtet: Lohngleichheit auch für Mini-Jobber). Nun haben die Erfurter Arbeitsrichter, nach Umweg über den Europäischen Gerichtshof, ein weiteres Urteil gefällt: Diesmal in Bezug auf Tarifverträge, welche unterschiedlich hohe Zuschläge bei gelegentlicher Nachtarbeit und regelmäßiger Nachtarbeit vorsehen.

    Geringere Zuschläge bei regelmäßiger Nachtarbeit

    Der Fall liegt bereits seit 2020 zur Entscheidung beim Bundesarbeitsgericht. Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, welche in einem Unternehmen der Getränkeindustrie im Rahmen der Schichtarbeit regelmäßig Nachtarbeit leistete. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und es findet der Manteltarifvertrag (MTV) vom 24. März 1998, welcher zwischen der NGG und dem Verband der Erfrischungsgetränke-Industrie Berlin und Region Ost e. V. geschlossen wurde, Anwendung. Darin heißt es u. a. in § 7 Nr. 1 MTV, dass für unregelmäßige Nachtarbeit ein Zuschlag von 50 % je Stunde zu zahlen ist. Für regelmäßige Nachtarbeit gilt ein Zuschlag von 20 % je Stunde. Diese 20 % erhielt auch die Klägerin, weshalb sie Klage einreichte und von der Arbeitgeberin die Differenz zu den höheren Zuschlägen für den Zeitraum Dezember 2018 bis Juni 2019 verlangte. Sie sah in der unterschiedlichen Vergütung von Nachtarbeit einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes und gegen den unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung gebe es nicht. Zudem sei die Gesundheitsgefährdung sowie die Störung des sozialen Umfelds bei Menschen, welche regelmäßig Nachtarbeit leisten, viel höher, als bei Beschäftigten, die dies nur unregelmäßig tun.

    BAG befragt EuGH zur Vereinbarkeit mit europäischem Recht

    Nachdem das Arbeitsgericht die Klage abwies, hatte das Landesarbeitsgericht der Klägerin zum Teil Recht gegeben. Mit der Revision zum BAG wollte die Beklagte das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts untermauern. Doch die Richter des Bundesarbeitsgerichtes setzten das Urteil vorerst aus und wollten zunächst vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Vereinbarkeit mit europäischem Recht geklärt wissen. Das EuGH gab die Klage aber an das BAG zurück. Die Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88 enthalte zwar Bestimmungen über die Nachtarbeit, betrifft aber nur Dauer und Rhythmus der Nachtarbeit sowie den Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Regelungen zum Entgelt sind nicht enthalten. Hier liegt die Zuständigkeit bei den Mitgliedsstaaten.

    Entscheidung des BAG: Sachlicher Grund kann Differenzierung begründen

    Am 22. Februar 2023 fällte das Bundesarbeitsgericht nun das Grundsatzurteil. Die Richter stellten fest, dass die tarifvertraglich vereinbarten höhere Zuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegeben ist. Dieser Grund müsse klar aus dem Tarifvertrag erkennbar sein. Im verhandelten Fall wurde im MTV angegeben, dass die höheren Zuschüsse bei unregelmäßiger Nachtarbeit neben den bekannten Belastungen zusätzlich die Belastungen durch die geringe Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes ausgleichen sollen. Dies reichte dem Gericht als sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung aus.

    Tarifautonomie ermöglicht Gründe für Ungleichbehandlung

    Tarifvertragsparteien haben aufgrund der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG die Möglichkeit, mit einem Nachtarbeitszuschlag neben dem Schutz der Gesundheit weitere Zwecke zu verfolgen. Dieser weitere Zweck ergibt sich aus dem Inhalt der Bestimmungen des MTV. Eine Angemessenheitsprüfung im Hinblick auf die Höhe der Differenz der Zuschläge erfolgt nicht. Es liegt im Ermessen der Tarifvertragsparteien, wie sie den Aspekt der schlechteren Planbarkeit für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, finanziell bewerten und ausgleichen.

    Quelle:

    EuGH, Urteil vom 07.07.2022, Az. C-257/21 und C-258/21

    Stand der Informationen: März 2023

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