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    Abmahnung wegen Gefährdungsanzeige

    Darf der Arbeitgeber das?
    Veröffentlicht am: 11.10.2018
    In diesem Beitrag: Arbeitsgericht Göttingen, Beschluss vom 14.12.2017, 2 Ca 155/17

    Die Gesundheit der Mitarbeiter sollte für Arbeitgeber ein kostbares Gut sein. Denn gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen führen früher oder später zu Personalausfall und Personalmangel. Dennoch gibt es Arbeitgeber, die Gefährdungsanzeigen der Arbeitnehmer nicht ernst nehmen und sogar mit Abmahnung strafen.

    Unterbesetzte Station führt zu Gefährdungsanzeige

    Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens war seit 1992 bei der Beklagten als examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin tätig. Vertretungsweise wurde die Klägerin 2016 auf eine andere Station der psychiatrischen Klinik versetzt. Diese war mit 24 Patienten belegt. Hier sollten in der Regel zwei examinierte Fachkräfte arbeiten. Doch stattdessen hatte die Klägerin lediglich eine Auszubildende an ihrer Seite. Nach einer Beschwerde beim Pflegedienstleiter erhielt sie eine weitere Auszubildende, welche ebenfalls stationsfremd war. Für den Bedarfsfall bestand die Möglichkeit, Hilfe von der Nachbarstation anzufordern.

    Die Klägerin hielt die personelle Situation weiterhin für unzureichend. Im späteren Verfahren gab Sie dazu an, sie arbeite normaler Weise auf einer anderen Station und kannte keinen der Patienten. Gerade in einer psychiatrischen Klinik sei dies aber wichtig, um mögliche Krisen zu erkennen und darauf reagieren zu können.

    Aufgrund dieser personellen Problematik verfasste die Klägerin eine Gefährdungsanzeige gemäß § 16 Arbeitsschutzgesetz:

    § 16 Besondere Unterstützungspflichten

    (1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.

    (2) Die Beschäftigten haben gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber darin zu unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen. Unbeschadet ihrer Pflicht nach Absatz 1 sollen die Beschäftigten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten nach § 22 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch mitteilen.

    Sie galt zugleich als Beschwerde nach § 84 BetrVG :

    § 84 Beschwerderecht

    (1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

    (2) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu bescheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.

    (3) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.

    Arbeitgeber erteilt Abmahnung nach Gefährdungsanzeige

    Nach dieser Gefährdungsanzeige sprach die Beklagte die Abmahnung aus und gab an, dass diese unberechtigt sei. Die personelle Besetzung sei ausreichend gewesen. Hierauf reagierte die Klägerin und reichte beim Arbeitsgericht Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte ein.

    Arbeitsgericht gibt Klage auf Entfernung der Abmahnung statt

    Das Arbeitsgericht Göttingen gab dieser Klage im Dezember 2017 statt. Die Beklagte wurde verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Als Begründung gab das Gericht an, das eine Gefährdungsanzeige auch aufgrund der subjektiven Wahrnehmung der Arbeitnehmer erstattet werden kann.  Der Arbeitgeber könne dazu lediglich mit einer Gegendarstellung reagieren, nicht aber mit einer Abmahnung. Außerdem lägen auch keinerlei Anhaltspunkte vor, dass die Gefährdungsanzeige missbräuchlich erstattet worden sei.

    Auch die dagegen gerichteten Berufung der Klinik wurde am 12.09.2018 durch das LAG Niedersachsen (14 Sa 140/18) abgewiesen.

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