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    Bildquelle: Lee Charlie/shutterstock.com

    Besonderer Kündigungsschutz von Datenschutzbeauftragten

    BAG entscheidet: Kündigung erfolgte zu Unrecht
    Veröffentlicht am: 17.11.2022
    In diesem Beitrag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.08.2022, 2 AZR 225/20

    Aufgrund § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG alte Fassung) sind Unternehmen in Deutschland dazu verpflichtet, eine:n Datenschutzbeauftragte:n zu benennen, sofern mindestens 10 Personen (neue Fassung 20 Personen) ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind. Eine Kündigung darf gemäß § 38 Abs. 2, § 6 Abs. 4 BDSG nur aus wichtigem Grund erfolgen. Gleiches gilt für eine Abberufung unter Beachtung des § 656 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Regelungen gelten außerdem auch noch bis zu einem Jahr nach dem Ende der Datenschutztätigkeit.

    BAG ersucht EuGH um Entscheidung

    Die Richter des Bundesarbeitsgerichtes waren sich im zugrunde liegenden Fall nicht sicher, ob dieser Sonderkündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte überhaupt mit der europäischen DSGVO vereinbar ist, und baten um Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Dieser stellte mit seinem Urteil vom 22. Juli 2022 klar, dass der Sonderkündigungsschutz europarechtskonform ist. Demnach dürfen hierbei nationale Regelungen über den EU-Mindestanforderungen liegen. Jeder EU-Mitgliedsstaat kann nach Ansicht der europäischen Richter frei entscheiden, ob es strengere Regelungen hinsichtlich einer Kündigung von Datenschutzbeauftragten geben soll. (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2022, Az. C – 534/20)

    Der zugrunde liegende Fall 

    Eine Arbeitnehmerin wurde Anfang 2018 als Teamleiterin für den Bereich Recht bei der Beklagten eingestellt und gleichzeitig als betriebliche, interne Datenschutzbeauftragte bestellt. Außerdem war sie für die Tochterunternehmen als externe Datenschutzbeauftragte tätig.

    Im August 2018 erhielt die Klägerin die Kündigung. Hilfsweise wurde die Bestellung zur Datenschutzbeauftragten mit der Begründung widerrufen, dass aufgrund von unternehmerischen Entscheidungen die Funktion der Datenschutzbeauftragten künftig von einer externen Person ausgeübt werden soll.

    Sonderkündigungsschutz soll Europäischem Recht widersprechen

    Gegen diese Kündigung wehrte sich die Arbeitnehmerin, da aus ihrer Sicht ein Sonderkündigungsschutz nach BDSG bestand. Nach Ansicht des Unternehmens widerspreche dieser Sonderkündigungsschutz der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

    Das Unternehmen führte zudem organisatorische, finanzielle und personalpolitische Gründe für die Kündigung an. Die Abberufung sei wegen des hohen Risiko- und Haftungspotenzials für Anwendungs- und Ausführungsfehler im Bereich Datenschutz und einer notwendigen Professionalisierung für den Aufgabenbereich des Datenschutzbeauftragten erforderlich gewesen.

    EuGH: Strengere nationale Regelungen verstoßen nicht gegen DSGVO

    Bereits die Vorinstanz, das LAG Nürnberg, hielt die Kündigung der Datenschutzbeauftragten für unzulässig, da zu diesem Zeitpunkt der besondere Kündigungsschutz nach §§ 38 Abs. 2, 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG gegolten habe. Das mit der Revision befasste BAG teilte diese Auffassung, hatte aber Zweifel, ob Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO es zulässt, dass ein einzelner Mitgliedsstaat strengere Regelungen zum Kündigungsschutz hat als vom EU-Recht vorgegeben. Doch die europäischen Richter urteilten, dass jeder EU-Mitgliedsstatt grundsätzlich frei sei, strengere Regelungen hinsichtlich der Kündigung von Datenschutzbeauftragten zu treffen, als es die DSGVO vorsieht.

    BAG entscheidet: Kündigung erfolgte zu Unrecht

    Auf dieser Grundlage entschied das BAG nun, dass die ordentliche Kündigung zu Unrecht erfolgte. Das Unternehmen hätte der Arbeitnehmerin während der Zeit als Datenschutzbeauftragte nur außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen dürfen. Die ordentliche betriebsbedingte Kündigung war daher gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG, § 134 BGB nichtig.

    Außerdem stellten die Richter des BAG fest, dass der Sonderkündigungsschutz von Datenschutzbeauftragten ebenfalls mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit von Unternehmen sei verhältnismäßig. Eine Kündigung und Abberufung sei zwar erschwert, aber aus wichtigem Grund, zum Beispiel bei Pflichtverletzungen, durchaus möglich.

    Quelle:
    Vorinstanz LAG Nürnberg, Urteil vom 19.02.2020, 2 Sa 274/19

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