
Wenn die Vertretung selbst krank ist – Befristungsgrund unwirksam?
Für die Befristung eines Arbeitsvertrags muss in der Regel ein Sachgrund vorliegen, da sachgrundlose Befristungen nur eingeschränkt möglich sind. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) kann ein solcher Sachgrund zum Beispiel die Vertretung eines anderen Beschäftigten sein. Doch was passiert, wenn die befristet eingestellte Vertretungsperson selbst über die gesamte Vertragsdauer krankheitsbedingt ausfällt? Ist die Befristung dann unwirksam? Diese Frage musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) klären.
Fall des krankheitsbedingt ausgefallenen Paketzustellers
Ein Paketzusteller klagte, da er befristet bis zum 30. April 2022 bei der Beklagten beschäftigt war und kurz vor Ablauf dieser Befristung krankheitsbedingt ausfiel. Nach einem Nabelbruch musste er operiert werden, informierte seinen Vorgesetzten über den Ausfall und legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 8. Mai 2022 vor.
Daraufhin erhielt der Kläger einen neuen befristeten Arbeitsvertrag, den er am 27. April 2022 unterzeichnete. Dieser Vertrag galt vom 1. Mai bis zum 28. Mai 2022 und nannte als Befristungsgrund „Vertretung wegen vorübergehender Abwesenheit.“ Der Kläger sollte vier Beschäftigte vertreten, die im Befristungszeitraum nacheinander Urlaub hatten. Dazu kam es jedoch nicht, da der Kläger für die gesamte Dauer der geplanten Vertretung arbeitsunfähig blieb. In der Folge stritten die Parteien darüber, wie umfassend der Kläger die Arbeitgeberseite über seine Erkrankung und die voraussichtliche Dauer informiert hatte.
Argumentation des Klägers: Vorgetäuschter Befristungsgrund
Der Kläger argumentierte, der Befristungsgrund „Vertretung“ sei nur vorgeschoben gewesen, da bereits feststand, dass er krankheitsbedingt ausfallen würde. Die Befristung sei daher unwirksam, und das Arbeitsverhältnis bestehe weiter. Die Beklagte entgegnete, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbar gewesen sei, dass der Kläger über die gesamte Vertragsdauer arbeitsunfähig bleiben würde. Daher sei die Befristung rechtmäßig.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht gab der Beklagten Recht und entschied, dass die Befristung des Arbeitsvertrags zulässig ist. Sie sei durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt.
Begründung des BAG: Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entscheidend
Das BAG führte aus, dass eine Befristung zur Vertretung grundsätzlich wirksam ist, wenn ein temporärer Bedarf durch den Ausfall einer anderen Arbeitskraft besteht und deren Rückkehr zu erwarten ist. Maßgeblich sei der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, zu dem die Arbeitgeberseite auf die Angaben der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vertrauen durfte. Zu diesem Zeitpunkt bestand keine sichere Kenntnis darüber, dass der Kläger für die gesamte Dauer der Befristung arbeitsunfähig bleiben würde.
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