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    Bildquelle: Bernd Leitner/stock.adobe.com

    Erschütterung der Beweiskraft einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei vorangegangener Kündigung

    Beweiswert einer AU erschüttert
    Veröffentlicht am: 19.12.2024
    In diesem Beitrag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.09.2024, 5 AZR 29/24

    Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dient als Nachweis der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und begründet im Regelfall einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für bis zu 6 Wochen.

    Allerdings kann ihr Beweiswert durch bestimmte Umstände erschüttert werden, wenn erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit bestehen. So auch im nachfolgenden Fall.

    Arbeitsunfähigkeit und Konkurrenztätigkeit

    Der Kläger war seit Januar 2020 als Dozent in der Erwachsenenbildung tätig. Er besitzt einen Behinderungsgrad von 50. Während seines Arbeitsverhältnisses erhielt er ein Diensthandy, Laptop und IPad. Am 29. 04. 2022 übergab er seine, und eine für seine Kollegin geltende, schriftliche Kündigung zum 31.05.2022. Anrufe auf seinem Diensttelefon leitete er per Rufumleitung an seine private Telefonnummer weiter und händigte das Diensttelefon und später auch Laptop und IPad der Arbeitgeberin aus.

    Am nächsten Arbeitstag erschien er nicht zur Arbeit, sondern legte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 13.05. und später eine Folgebescheinigung bis zum 31.05. vor. Am 01.06.2022 begann er seine Arbeit bei einem Konkurrenzunternehmen. Ebenso die Arbeitskollegin.

    Es kam zur Klage auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Denn die Beklagte verweigerte die Entgeltfortzahlung für Mai 2022 mit der Begründung, der Kläger habe während der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit aktiv Kunden abgeworben und sei tatsächlich nicht arbeitsunfähig gewesen. Sie verwies auf die zeitliche Übereinstimmung zwischen der Kündigungsfrist und der bescheinigten Erkrankung sowie die parallelen Krankheitszeiten einer Kollegin.

    Dagegen wehrte sich der Kläger. Aufgrund persönlicher Drohungen, welche seine Vorgesetzte nach der Kündigung ausgesprochen hatte, habe er Ängste und Depressionen entwickelt, woraufhin die Arbeitsunfähigkeit attestiert wurde.

    Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern wies die Berufung der Beklagten zurück. Die Beklagte legte daraufhin Revision ein.

    Bundesarbeitsgericht sieht erhebliche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

    Das Bundesarbeitsgericht hingegen verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts  zurück. Denn nach Ansicht der Richter habe das Landesarbeitsgericht die Gründe für die Arbeitsunfähigkeit nicht genau geprüft.

    Die Richter des BAG sprechen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Stellenwert zu: „Der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird in der Regel durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung iSd. § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG geführt. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist das gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweismittel für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG reicht die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung iSd. § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG aus, um dem Arbeitgeber das Recht zur Leistungsverweigerung zu entziehen (…).“

    Doch sie geben auch zu bedenken, dass es durchaus auch Zweifel geben kann, welche den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern können. So auch in diesem Fall.

    Die zeitliche Dauer der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, welche exakt die Tage der Kündigungsfrist abdeckt, erweckt berechtigte Zweifel.

    Außerdem widersprachen sich die Aussagen des Klägers und der Hausärztin hinsichtlich der Art der Erkrankung. Während der Kläger Angststörung und Depression anführte, attestierte die Hausärztin Erschöpfung.

    Des Weiteren hatte die Beklagte dem Kläger Konkurrenztätigkeit vorgeworfen. So habe er während seiner Arbeitsunfähigkeit Telefonate mit Bestandskunden geführt und diese auf seinen neuen Arbeitgeber hingewiesen und abgeworben. Dies bestritt der Kläger nicht.

    All diese Umstände habe das Landesarbeitsgericht nicht ausreichend geprüft. Daher entschied das BAG die Zurückweisung der Sache an das LAG.

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